Henry, Zwergkaninchen, 1,5 Jahre – Magenverstopfung wegen Haarballen

Wir waren für 7 Tage im Urlaub und überließen die Pflege unserer beiden Zwergkaninchen einer zuverlässigen Vertrauensperson.

Henry hatte begonnen, das Fell zu wechseln und verlor sehr viel sehr feines Haar. Noch in der Nacht unserer Rückkehr zupfte ich was ich konnte, am Tage bürsteten wir ihn immer wieder. Die feinen Härchen waren jedoch nicht zu beherrschen und obendrein leckte er sich inbrünstig. (Er hatte im Winter auch den Fimmel, unseren Wollteppich zu lecken.) Ich sah es, wusste, dass es nicht gut ist, aber nicht, was ich dagegen tun könnte. Er schien sich wohl zu fühlen, hupfte und benahm sich wie sonst.

Am nächsten Morgen war alles anders: Er lag apathisch im Stall, interessierte sich nicht für angebotenen Leckerli, bewegte sich nicht von der Stelle.

Ich verschob sofort den geplanten Ausflug und wurde wenige Stunden später beim Tierarzt unseres Vertrauens vorstellig. Er konnten mit Röntgen ohne Kontrastmittel keine klare Diagnose stellen, aber aufgrund der Symptome (Apathie, nicht Fressen, kein Kot, keine Ausgasung) und des Fellwechsels lag der Verdacht auf Verstopfung durch Haarballen nahe.

Entsprechend wurde behandelt: 2x Injektion subkutan mit einem Mix aus Schmerzmittel, MCP zum Anregen der Verdauung, vorbeugend Dimetecon o.ä. zum Entblähen. Ob auch eine Infusion zum Stabilisieren des Kreislaufes (geht das alles in einer Spritze mit 1,5 ml Volumen?) dabei war, weiß ich nicht. Wir gaben zu Hause Paraffinöl als Abführhilfe, Ananassaft zum Lösen der Haare, Kontrastmittel vorbeugend für den Fall einer weiteren Röntgenuntersuchung, wärmten und massierten sein Bäuchlein.

Nach unserer Rückkehr nach Hause trank das Kaninchen unverhältnismäßig viel, wobei ich die Gelegenheit nutzte und auch den sehr fruchtsäurehaltigen Ananassaft mit untermischte.

Am nächsten Morgen fand ich ihn ganz nass am Bauch vor. Das sonst so reinliche Kaninchen hatte es also nachts nicht auf sein Klo geschafft. Auch seine Ohren waren nach der oben-drein recht frischen Nacht sehr kühl, was sicher ein Indiz für einen geschwächten Kreislauf war. Ich hatte ihn nicht von seiner Partnerin separieren und aus dem gewohnten Umfeld reißen wollen.

Insgesamt war sein Zustand mindestens so unglücklich wie am Vortag und wir fuhren gleich wieder zum Tierarzt.  Jetzt konnte man auf dem Röntgenbild, weiß dargestellt, den verstopften Magen erkennen. Etwas anderes, als die Behandlung von gestern verstärkt fortzuführen und um Lefax zum Entgasen, ein Antibiotikum und eine weitere Injektion zu ergänzen, konnte er uns nicht empfehlen. Die Chance, dass er es schafft, stand nach seiner Prognose 50 / 50.

Unser lieber Henry erwischte die schlechten 50 % und starb trotz viel Bäuchlein massieren, streicheln, der zweiten Eingabe der Medikamente und dem Versuch mit Critical Care nach bereits etwa 36 Stunden ohne Nahrungsaufnahme etwas Nahrung zuzuführen am Nachmittag auf meinem Schoss, den Kopf in der Hand meiner Tochter. – Ich begreife es eigentlich noch immer nicht.

Es tut mir irre leid, dass der so liebe unkomplizierte Kerl sich 2 Nächte und 1,5 Tage so quälen musste. Ich habe alles versucht, damit es ihm besser geht, aber es hat nicht gereicht und wirft deshalb doch wieder Fragen und Zweifel auf.  Es fällt mir schwer, zu akzeptieren, dass man den anvertrauten tierischen Kameraden nicht helfen kann.

Nachbetrachtung

Obwohl ich diesmal ohne Zögern reagiert habe, war es doch zu spät und ich frage mich, welche Zeichen ich übersehen, womit ich selbst meinen Beitrag zu diesem überraschenden traurigen Ende geleistet habe.

Inzwischen glaube ich, dass sich die Verstopfung allmählich aufgebaut hat („spiegelei-ähnliche“ Form im Röntgenbild) und mehrere Faktoren zusammengewirkt haben: Das Haaren und Putzen, wenig(er) Bewegung als üblich, evtl. zu viel Leckerli in Form von Knabberringen. – Vielleicht hätte ich auch früher gemerkt, dass etwas nicht stimmt, wenn wir nicht gerade im Urlaub gewesen wären. Vielleicht auch nicht.

Dieselben Bedingungen hatte ich logischerweise auch schon bei anderen Kaninchen, was keine solche Folgen hatte.

Auch den Tierarzt habe ich – anhand meines im Internet angelesenen Halbwissens – noch einmal befragt, was ich falsch gemacht bzw. was er/warum unterlassen hätte. Er hat sich sowohl meinen Fragen, als auch meiner etwas hysterischen Heulerei ohne Zögern (und hoffentlich ohne verärgert zu sein) souverän gestellt und versucht, mir Schuldgefühle zu nehmen.

→ Sein Rat, den ich hiermit weitergeben möchte: Es lassen sich weder das Haaren, noch das Putzen des Fells unterbinden. Deshalb sollte man in der Zeit des Fellwechsels vorbeugend ein Mittel gegen Haarballen (z.B. Rodicare Hairball – siehe Infotext) geben.

Umstritten bleibt für mich die Frage, ob man einen operativen Eingriff (Bauchdecke öffnen und Haarballen manuell weitermassieren oder sogar den Magen öffnen und den Fremdkörper entfernen) wagen sollte oder nicht. Die Anatomie des Kaninchens spricht sicher dagegen, die Erfolgsquote wahrscheinlich auch und was das Tier erdulden muss erst recht. Jedoch die Hoffnung stirbt zuletzt…..

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