Unter dem Begriff Kastration wird bei einem weiblichen Tier eigentlich die Entfernung der Eierstöcke verstanden. Umgangssprachlich meint man mit dem Begriff „Häsinnenkastration“ jedoch die operative Entfernung der Eierstöcke mit Eileiter und Gebärmutter. Aufgrund dieses Synonyms solltest du vor einem solchen operativen Eingriff mit dem entsprechenden Tierarzt die Begrifflichkeit genau klären und sagen, welchen der Eingriffe du für deine Häsin wünschst.
Oftmals wird fälschlicherweise angenommen, dass dieser Eingriff beim weiblichen Tier Sterilisation heißt und das Gegenstück zur männlichen Kastration ist. Von einer Kastration ist aber die Rede, wenn Geschlechtsorgane komplett entnommen werden, also beim Rammler die Hoden und bei der Häsin Gebärmutter mit Eileitern und Eierstöcken. Eine Sterilisation dagegen ist nur eine Unfruchtbarmachung. Bei Rammlern wird hierbei der Samenleiter und bei der Häsin die Eileiter durchtrennt. Dies hat keinerlei Auswirkungen auf Hormone und damit das Sexualverhalten und verhindert auch nicht das Entarten der Geschlechtsorgane, was demnach bei Rammlern und auch Häsinnen wenig Sinn machen würde. Daher finden Sterilisation in der Tiermedizin kaum eine Anwendung, die Tiere werden grundsätzlich alle kastriert.
Die Gründe für eine Häsinnenkastration sind vielfältig. Einer der Hauptgründe ist die gesundheitliche Vorbeugung von Erkrankungen der Gebärmutter. Tumore/Krebs (Adenokarzinom) in der Gebärmutter kann beim Kaninchen sehr schnell auf andere innere Organe streuen und diese befallen. Meist sind die langen Röhrenknochen und die Lunge davon betroffen. Dort werden dann Metastasen gebildet, die dann nur noch schwer behandelbar sind. Um eine bereits vorhandene Streuung des Gebärmuttertumors auszuschließen, ist es vor allem bei älteren Kaninchen über 4 Jahren ratsam ein Röntgenbild vor der Kastration anfertigen zu lassen. Einige kaninchenerfahrene Tierärzte gehen aufgrund von eigenen Erfahrungen, Studien und Untersuchungen von einer genetischen Veranlagung von Häsinnen zu Gebärmutterveränderungen aus und raten daher zu einer vorsorglichen Kastration bei Häsinnen ab einem Alter von 6 Monaten. Aggressionen gegenüber Artgenossen, häufige Scheinschwangerschaften über 4x pro Jahr, Buddelattacken und Dauerstress sind oft schon ein Anzeichen für einen bereits unausgeglichenen Hormonhaushalt durch vorhandene Veränderungen der Gebärmutter. Kastrierte Häsinnen sind in der Regel ausgeglichener, da sie ihren Hormonen nicht so ausgeliefert sind, wie Tiere im unkastrierten Zustand. Der Charakter ändert sich durch eine Kastration aber nicht! Die Kaninchen sind nur nicht mehr so stark triebgesteuert.
Die Meinungen, ob man Häsinnen vorbeugend kastrieren sollte, da Studien zufolge bis zu 80% aller weiblichen Kaninchen früher oder später einen Gebärmuttertumor bekommen, gehen stark auseinander. Eine Narkose birgt immer auch Risiken, da sie den Kreislauf der stressempfindlichen Tiere belastet. Je schlechter es dem Kaninchen bereits geht, desto höher ist aber auch das Risiko der Narkose. Andererseits stecken noch gesunde Tiere einen solchen Eingriff wesentlich besser weg, als in einer Not-OP. Wobei es sich gezeigt hat, dass gerade extrem jung kastrierte Weibchen im Alter Verwachsungen im Bereich der früheren Gebärmutter ausweisen. Diese können die Verdauung beeinträchtigen. Da Kaninchen Schmerzen und Krankheiten aber sehr gut verstecken können, werden Veränderungen in der Gebärmutter häufig erst sehr spät bemerkt. Oftmals sogar erst durch Atemnot, wenn in der Lunge bereits Metastasen sitzen. Ebenso sind Gebärmuttertumoren nicht unbedingt trotz regelmäßiger Tierarztkontrollen ertastbar.
Zeigt das Kaninchen bereits eine oder mehrere der oben genannten Verhaltensänderungen, oder hat vielleicht sogar schon Ausfluss aus der Scheide und Schmerzäußerungen, sollte nicht mehr gewartet werden. Wer sich unsicher ist, ob eine vorbeugende Kastration sinnvoll ist, oder nicht, kann seine Häsin auch in regelmäßigen Abständen schallen lassen. Im Ultraschall sind Gebärmutterveränderungen in der Regel gut erkennbar.
Eine Trächtigkeit schützt übrigens NICHT vor zukünftigen Gebärmutterveränderungen oder zukünftigen Scheinträchtigkeiten.
Im Gegensatz zu einer Rammlerkastration ist eine Häsinnenkastration aufwendiger, da die Bauchhöhle eröffnet werden muss. Dazu muss die Narkose tiefer sein und ein größerer Hautschnitt gemacht werden. Die Kosten belaufen sich hierbei im Schnitt zwischen 120 und 250 Euro. Bitte fragt euren Tierarzt, ob er bei Häsinnenkastrationen erfahren ist, denn dies ist bei vielen noch kein Routineeingriff, wie bei Hund und Katze.
Vor der Kastration sollte einige Zeit lang (mind. eine Woche) keine Futterumstellung mehr durchgeführt werden, da der Magen-Darm-Trakt bei einem solchen Eingriff nicht überstrapaziert sein sollte. Es sollte darauf verzichtet werden, während einer Scheinschwangerschaft zu kastrieren, sofern dies möglich ist und die Häsin nicht dauerhaft scheinschwanger ist oder notkastriert werden muss. Während einer Scheinschwangerschaft ist der Unterleib der Häsin nämlich stärker durchblutet und das Operationsrisiko steigt dadurch an. Um den Kreislauf nicht stärker als nötig zu belasten, sollte ein solcher Eingriff, wenn möglich, nicht bei heißem Sommerwetter durchgeführt werden, auch um einem Fliegenmadenbefall vorzubeugen. Die Häsin sollte nicht nüchtern sein, sondern bis zur Narkose Zugang zu Futter haben. Im Idealfall kann sie mit einem Partnertier schon am Vorabend abgegeben werden, so hat sie über Nacht Zeit sich zu akklimatisieren. Dadurch ist sie weniger gestresst und braucht weniger Narkosemittel, was das Risiko senkt.
Nach der Kastration sollte die Häsin erst wieder nach Hause dürfen, wenn sie komplett wach und ansprechbar ist, ihre Umgebung wahrnimmt und eine normale Körpertemperatur von 38-39°C hat. Noch schlafende Tiere sollten immer in der Nähe eines Tierarztes bleiben, da beim Aufwachen Komplikationen auftreten können. Außerdem sollten der Häsin in Absprache mit dem Tierarzt Schmerzmittel und meist auch ein Antibiotikum über 7 Tage verabreicht werden. Zuhause kann sie wieder in das gewohnte Gehege zu ihren Freunden, die sie umsorgen und hoffentlich zum Fressen animieren. Eine neue Umgebung ohne Freunde als eine Art Krankenzimmer wäre nur zusätzlicher Stress. Aber im Gehege kann eine Kranken-Ecke mit weicher, staubfreier Einstreu (Teppiche, Decken, Handtücher, Baumwolleinstreu) hergerichtet werden, die die Häsin aber auch selbstständig verlassen kann, wenn ihr danach ist. Zudem sollte der Häsin ein warmer Platz zur Verfügung stehen (zum Beispiel mittels Rotlichtlampe, Snuggle Safe, Wärmflasche oder Wärmekissen), damit die Gefahr der Unterkühlung nicht allzu groß ist. Bei so einer Operation geraten Kaninchen schnell in Untertemperatur. In der ersten Zeit nach der Kastration sollte die Häsin nicht hoch springen, da die Gefahr, dass die Naht reißt, dann groß ist. Sollte die Häsin an die Naht rangehen und sie anknabbern, sollte diese geschützt werden. Wurde nach der Kastration kein luftdurchlässiges Pflaster darauf geklebt oder Silberspray verwendet, empfiehlt sich ein Body, der entweder im Handel gekauft oder selber aus großen Socken, Pulloverärmeln oder Ähnlichem gebastelt werden kann. Ein solcher Body sollte aber erst angezogen werden, wenn sich die Häsin an die Naht geht oder wund leckt, da ein Body meist als sehr unangenehm empfunden wird und die Kaninchen einschränkt. Wurde intracutan, also in der Haut genäht, ist auch gar keine Naht sichtbar und die Kaninchen haben keine Ansatzstelle, sodass die Wunde gut an der Luft heilen kann.
Dann sollte man alles an Futter da haben, was die Häsin gerne frisst. Dill bietet sich da vor allem an, da Dill beliebt und appetitanregend ist. Unter Umständen kann es etwas dauern, bis sie wieder normal frisst. Bis zu 24h nach der OP ist es vertretbar, wenn sie gar nichts zu sich nehmen, aber dann sollte man auch Päppelnahrung und Dimeticon/Sab simplex gegen eine Aufgasung parat haben. Direkt nach der OP sollte man die Kaninchen aber nicht mit päppeln stressen, sondern ihnen Ruhe und Erholung gönnen. Der Körper nutzt seine Energie in erster Linie für die Heilung. Die Energie, die er für die Verdauung benötigt, ist da erstmal zweitrangig. Die Häsin sollte gut beobachtet, aber nicht gestört werden. Eine tägliche Wundkontrolle auf Rötung, Bläschenbildung oder Nässen der Wunde und ob die Naht noch intakt ist, ist Pflicht. Die Fäden können in der Regel nach 10 Tagen gezogen werden.
Erfahrungsbericht Häsinnenkastration (Kim)
Erfahrungsbericht Weibchenkastration (Inga)
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