Kaninchenschnupfen

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Allgemeines
Wenn man von Schnupfergruppen in der Kaninchenhaltung hört, sind damit nicht Kaninchen gemeint, die einfach mal eine Erkältung haben, sondern Kaninchen, die sich an einem der gefährlichen Schnupfenerreger angesteckt haben. Man bezeichnet einerseits die latenten (trockenen) Schnupfer, das sind die Kaninchen, die mit dem Krankheitserreger in Kontakt gekommen sind und ihn in sich tragen, wobei der Schnupfen selbst aber (noch) nicht ausgebrochen ist. Sie sind also symptomfrei. Im Unterschied dazu gibt es noch die deutlich zu erkennenden akuten Schnupfer, die oft die volle Palette an Schnupfer-Symptomen darbieten. Wichtig ist, dass jeder „einfache“ Schnupfen unbehandelt zum gefährlichen, chronischen Kaninchenschnupfen werden kann. Als chronisch gilt der Schnupfen, wenn er über einen Zeitraum auftritt, der länger als 4 Wochen ist.

Ursache
Die Ursache ist normalerweise bedingt durch den Kontakt mit verschiedenen Keimen, meist handelt es sich dabei um Pasteurellen oder Bordatellen. Diese Bakterien nisten sich in den Nasennebenhöhlen ein und können bei Stress oder Immunschwäche intervallartig einen Schnupfenschub auslösen. Der Auslöser hierbei ist meistens Stress, neue Partnertiere, eine unausgewogene Fütterung, schwüle oder feucht-kalte Witterungsverhältnisse und ebenso bestehende Vorerkrankungen. Die Ansteckung erfolgt durch direkten Kontakt zu betroffenen Tieren, Niesen (Tröpfchenübertragung) oder kann auch über die Plazenta vom Muttertier noch in der Gebärmutter auf die Babys übertragen werden. Ist das Immunsystem durch diese Ersterreger geschwächt, setzen sich häufig weitere Bakterien (oft Klebsiellen, Pseudomonaden, Staphylokokken oder Streptokokken) mit dazu und sorgen für Sekundärinfektionen.

Symptome
Ganz typische Symptome sind vermehrtes Niesen und regelrechte Niesanfälle mit Nasen- und ggf. auch Augenausfluss. Dadurch haben Schnupfentiere häufig verklebtes Fell im Nasen- und Gesichtsbereich und auch an den Innenseiten der Vorderpfoten, da sie sich damit immer wieder das Näschen putzen. Der Ausfluss variiert zwischen dünnflüssig durchsichtig über weißlich bis zur zähen gelblichen Masse. Bei den beiden letztgenannten, kann man schon anhand des Erscheinungsbildes davon ausgehen, dass der Schnupfen bakteriell bedingt ist. Durchsichtiger Ausfluss ist bis zu einem gewissen Grad, sofern es nicht dauerhaft ist, in Ordnung, kann aber auch viral bedingt sein. Durch den Ausfluss und der daraus resultierenden Einengung der Atemwege kann es zu grunzenden, schnarchenden, knisternden oder auch pfeifenden Atemgeräuschen kommen. Ansonsten sind erkrankte Tiere matt und haben unter Umständen auch weniger Appetit, was man auch darauf zurückführen kann, dass sie das leckere Futter nicht mehr richtig riechen können. Im Extremfall zeigen die Kaninchen Atemnot, also Atmung durch das geöffnete Maul mit zurückgelegtem Kopf. Zirkuliert der Erreger bereits im Körper, kann er auch für Ohrenentzündungen, Abszesse, Augenproblemen und neurologische Symptome verantwortlich sein.

eitriger Nasenausfluss
gesunde, trockene Kaninchennase

Behandlung
Zu allererst sollte der Tierarzt überprüfen, ob die Symptome wirklich schnupfenbedingt sind, oder ob eitriger Ausfluss und Inappetenz doch durch in die Nasenhöhle durchgebrochene vereiterte Zahnwurzeln oder einen entzündeten Fremdkörper in der Nase entstanden sein können. Auch die Augen sollten gründlich untersucht werden, da Augen und Nase durch den Tränennasenkanal miteinander verbunden sind und so Eiter der Augen auch durch die Nase abfließt. Sollte das Kaninchen Atemnot haben, muss unbedingt ein Röntgenbild gemacht werden, um den genauen Zustand der Lunge besser als nur durch bloßes Abhören beurteilen zu können.

Bei Schnupfen erfolgt die Erstbehandlung meist mit einem Breitbandantibiotikum, wie Baytril® oder Marbocyl®, welches gegen die meisten bakteriellen Schnupfenerreger gut wirkt. Vorher sollten aber auch mittels einer Nasenspülprobe einige Schnupfenerreger aus den Nasennebenhöhlen gewonnen werden, sodass im Labor mittels Antibiogramm das wirksamste Antibiotikum speziell gegen diesen verursachenden Erreger herausgefunden werden kann. So kann direkt mit dem passenden Antibiotikum weiterbehandelt werden, falls eine Therapie mit dem Breitbandantibiotikum nicht anschlägt. Ein solcher Resistenztest muss gemacht werden, bevor das Tier bereits mit Antibiotikum behandelt wurde, da er sonst verfälscht sein könnte. Ein bloßer Abstrich von der Nase genügt für eine solche Erregerbestimmung leider nicht. Dieser ist nicht aussagekräftig über die schnupfenauslösenden Bakterien, die tief in den Nasennebenhöhlen sitzen und geben meist nur einen Hinweis auf die Sekundärinfektionen. Oft muss man wirklich auf eine Nasenspülprobe bestehen, weil viele Tierärzte einen Abstrich für ausreichend halten. Das Antibiotikum sollte man bestenfalls 4 Tage über das vollständige Abklingen der Symptome hinaus verabreichen, das sind meist mindestens 7-10 Tage. 

Gibt man es nur bis zum Abklingen der Symptome oder nur wenige Tage, fördert das Resistenzen gegen das Antibiotikum und eine Wiederkehr des Schnupfens. Bei starkem Schnupfen können auch Tetrazykline unter die Haut gespritzt werden, diese halten sich ca. 48h. Unterstützend sollten eingetrocknete Verkrustungen/Verklebungen regelmäßig mit lauwarmem Wasser vorsichtig entfernt werden – auch an den Vorderpfoten.

Auch Schleimlöser wie Bisolvon® Pulver (2x tägl. 1 Messerspitze) oder ACC können Erleichterung verschaffen. Bei extremer Verschleimung ist eine Flüssigkeitszufuhr notwendig, da Flüssigkeit nötig ist, um den Schleim wieder loszuwerden, das kann z.B. über Infusionen erreicht werden.

Ebenfalls empfehlenswert ist es, Schnupfer inhalieren zu lassen, damit der ganze Schleim aus der Nase kommt und so Linderung schafft. Dazu setzt man das Kaninchen am besten in eine Transportbox. Wer einen Pari Boy hat, kann diesen dafür verwenden, da der feine Dampf im Gegensatz zu Wasserdampf bis in die Lunge vordringen und auch direkt mit Antibiotikum befüllt kann. Aber Vorsicht: Keine Alten und Gebrauchten einfach so verwenden, da sie Restkeime enthalten, man sollte sie vor Gebrauch in einer Apotheke professionell reinigen und desinfizieren lassen. Pari Boys können auch in der Apotheke ausgeliehen werden, allerdings sollte man dabei nicht erwähnen, dass man einen für sein Kaninchen braucht. Alternativ kann man auch einfach eine Schüssel mit dem Salzwasser, Thymian- oder Salbeitee vor die geschlossene Tür der Transportbox stellen und dann beides zusammen komplett (!) mit einem großen Handtuch abdecken, sodass der Dampf nur in die Transportbox entweichen kann. Das kann man 2x täglich 5-10 min lang machen. Ansonsten erzielt man eine unterstützende Wirkung durch Kräuter wie Spitz- und Breitwegerich, Salbei, Thymian, Kamille, Malve, Pfefferminze, Schafgarbe oder Sonnenblume, da sie entzündungshemmend und schleimlösend wirken.

Bei immer wiederkehrendem Schnupfen, kann man auch eine Immunsystemstärkung in Betracht ziehen. Entweder homöopathisch mit Engystol®, Ingwerbananenbrei, Kräutern wie Sonnenhut, Brombeer-/Himbeerblätter und Dill oder mit Zylexis® (Wird 3x gegeben, an Tag 1, 2 und 7). Zylexis® sorgt für eine unspezifische Immunantwort im Körper, aktiviert dadurch Immunsystem und stimuliert so die körpereigene Hilfe bei der Erregerbekämpfung.

Ist der Schnupfen bereits chronisch, gilt es die Abstände zwischen den Schüben zu verlängern und bei akutem Ausbruch schnell und ausreichend lange mit dem Antibiotikum zu behandeln, das per Antibiogramm für das Wirksamste befunden wurde. Weiß man, dass eine Stresssituation bevorsteht (Vergesellschaftung, Umzug), kann man das Immunsystem auch vorbeugend mit den oben genannten Methoden vorab pushen.

Hier inhaliert die kleine Lilo von Margit.

Schutz
Als Schutz können lediglich prophylaktische Maßnahmen ergriffen werden. Man sollte keine an schnupfenerkrankten Kaninchen mit gesunden Kaninchen vergesellschaften, sondern nur mit Kaninchen, bei denen der gleiche Erreger nachgewiesen wurde. Bricht bei nur einem Kaninchen in der Gruppe Schnupfen aus, sind die anderen Tiere als latente Schnupfer anzusehen, die den Erreger auch bereits in sich tragen und bei denen die Erkrankung jederzeit, vor allem bei Stress, ausbrechen kann.

Es gibt auch eine Impfung gegen Kaninchenschnupfen, die Meinung dazu ist allerdings recht zwiegespalten, da sie nur gegen eine einzige Schnupfenerregergruppe abzielt und auch genauso oft Schnupfen auslösen kann, wie sie ihn verhindert. Das MSO- Team rät deshalb von einer Impfung gegen Kaninchenschnupfen ab. Ansonsten gilt bei Schnupfen, frühzeitig und vor allem mit der richtigen Behandlung zu reagieren, bevor er chronisch wird.


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