Anatomische und organische Besonderheiten

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Immunsystem
Kaninchen haben keine Mandeln (=Tonsillen) im Rachen.


Haut
Die Haut von Kaninchen ist sehr dünn und fragil. Sie wird von 2 Schichten Fell bedeckt: dem Woll- und dem Deckhaar. Das Deckhaar hat eine Schutzfunktion, z. B. Regenwasser perlt an ihm ab und schützt das Kaninchen so vor Nässe. Auch wenn das Kaninchen ganz nass geregnet aussieht, sind Wollhaar und Haut darunter trocken und warm. Das Wollhaar dient zur Isolation vor Hitze oder Kälte. Im Sommer kann die Luft dadurch zirkulieren und so durch Konvektion die Haut abkühlen, im Winter ist das Wollhaar stärker ausgeprägt und hat vorwiegend eine wärmende Funktion. Bei verschiedenen Rassen ist das Fellkleid unterschiedlich ausgeprägt, wodurch auch Nachteile entstehen können. Bei Langhaarkaninchen ist die Unterwolle besonders stark ausgeprägt, sodass weder Deck- noch Wollhaar ihrer ursprünglichen Funktion gerecht werden können. Bei Kurzhaarrassen, wie dem Rexkaninchen, kommt es zu einem Verlust der Schutzfunktion des Deckhaars, da es nicht länger, sondern gleichlang wie das Wollhaar ist. Dadurch können Rexkaninchen tatsächlich richtig nassgeregnet werden. Auch die Füße sind beim Kaninchen stark behaart, wobei eine kleine, erbsengroße kahle Stelle an der Ferse durchaus normal ist, die man sieht, wenn man das Haar in der Umgebung etwas beiseite streicht.

Wichtig ist, dass Kaninchen nicht schwitzen können. Sie kühlen sich hauptsächlich über ihre gut mit Blutgefäßen durchsetzen Ohren ab. Je kleiner die Ohren, desto schwerer fällt die Thermoregulation, weshalb Kaninchen sehr anfällig für einen Hitzschlag bei hohen Temperaturen sind.

Viele weibliche Kaninchen bilden am Hals eine Hautfalte aus, die sogenannte Wamme. Darin lagern sie Fettpolster ein und zupfen sich das Fell für den Nestbau aus. Zu stark ausgeprägte Wammen sprechen für verstärkte Fetteinlagerungen und dadurch einen zu gut gemeinten Ernährungszustand.


Drüsen
Kaninchen markieren nicht nur mit Harn und Kot ihr Revier, sondern auch durch verschiedene Duftdrüsen. Besonders häufig zur Geltung kommen dabei die Kinndrüsen, wenn das Kaninchen mit seinem Kinn über Gegenstände reibt. Ansonsten nutzen sie die Analdrüsen und auch Perianaldrüsen, die sich links und rechts in den Hauttaschen neben dem After befinden und oft einen sehr starken Geruch verströmen. Dadurch sind sie nicht selten ein beliebtes Ziel für Fliegenmaden. Das Sekret, was darin zur Markierung abgesetzt wird, ist wachsartig und gelblich-bräunlich.


Zähne
Ab der 4. Lebenswoche sind beim Kaninchen alle Zähne vorhanden. Sie sind wurzellos und wachsen ein Leben lang, man sagt ca. 1-1.5cm pro Monat bzw. 2mm/Woche im Oberkiefer und ca. 2.4mm/Woche im Unterkiefer. Durch den Kauvorgang reiben die Zähne aneinander und werden ausschließlich durch diesen Zahn-Zahn-Kontakt abgerieben. Daher erfolgt die Abnutzung nicht durch harte Futtermittel, wie z.B. Brot, was oft fälschlicherweise angenommen wird. Der Rohfasergehalt ist ausschlaggebend, denn je mehr Rohfaser ein Futtermittel enthält, desto länger muss gekaut werden und desto mehr Zahn-Zahn-Kontakt erfolgt. Zur Veranschaulichung: 1g Pellet wird 1-2min gekaut, dann ist es auch durch den Speichel aufgeweicht und kann abgeschluckt werden. Aber 1g Heu dagegen muss ein Kaninchen 5-13min kauen. Rein theoretisch ist es aber egal, ob ein Kaninchen auf einem Heuhalm oder Petersilie kaut, hauptsache es kaut oft und viel. Die Kaubewegung erfolgt seitlich, im Ruhezustand berühren sich die Zähne nicht.

Ein Kaninchengebiss soll folgendermaßen aussehen:
Pro Seite gibt es oben und unten 1 Schneidezahn, oben hinter den Schneidezähnen befindet sich je 1 Stiftzahn, welcher Kaninchen von Nagetieren unterscheidet. Backenzähne hat das Kaninchen oben auf jeder Seite 6 und unten 5. Insgesamt müssen demnach 28 Zähne in Maulhöhle passen.

Aussehen gesunder Zähne:
Die Schneidezähne sollten eine gerade Beißfläche haben, die Backenzähne hingegen eine gezackte. Das Verhältnis der Schneidezähne oben:unten sollte 1:1 sein. Die unteren Schneidezähne sollen leicht hinter den Oberen sitzen, so dass sie bei einer theoretischen Verlängerung zwischen den oberen Schneidezähnen und den Stiftzähnen münden. Außerdem sollten sie gleichbreit sein und eine weiße Farbe aufweisen. Oben ist eine Längsrille erlaubt. Die letzten beiden Backenzähne stehen im Unterkiefer leicht nach hinten geneigt, ansonsten sollten alle Zähne parallel stehen und die Kaufläche auf einer Ebene liegen.


Kalziumstoffwechsel
Bei Kaninchen wird Kalzium nicht wie bei anderen Tieren nach Bedarf aus dem Darm resorbiert und das überschüssige Kalzium mit dem Kot ausgeschieden, sondern es wird zunächst alles Kalzium resorbiert und das Überschüssige wird dann in der Niere aus dem Blut gefiltert und über den Harn abgegeben. Dadurch wird Kalzium beim Kaninchen fast ausschließlich über die Harnwege ausgeschieden, bei welchen es auch einige Engpässe und somit ideale Ablagerungsstellen zu bewältigen gilt. Dazu kommt, dass der pH von Kaninchenurin alkalisch ist, also über dem Neutralwert von 7 liegt. Dieser pH-Wert begünstigt die Kristallausfällung von Kalzium im Harn. Bei diesen Kalziumablagerungen entsteht dann der sogenannte Gries, der sich in der Harnblase sammeln oder zu Steinen in den Harnleitern, der Harnröhre oder den Nieren bzw. Nierenverkalkung führen kann. Der Urin sollte leicht gelblich und trüb sein.


Verdauungstrakt mit Caecotrophie
Kaninchen haben einen einhöhligen, sehr schwach bemuskelten Magen, weshalb sie nicht erbrechen können. Der Magen eines gesunden Kaninchens sollte weitestgehend links intrathorakal liegen, also innerhalb des Brustkorbes. Nur 1/3 davon sollte hinter dem Rippenbogen zu spüren sein. Er ist oval-birnenförmig und hat ein Fassungsvermögen von 100-120ml. Aufgrund der schwachen Bemuskelung des Magendarmtrakts ist der Magen nie ganz leer. Der Nahrungsbrei bleibt dort in der Regel nicht länger als 1h und wird durch nachkommende Nahrung weitergeschoben, wodurch auch anatomisch begründet ist, dass Kaninchen nie hungern sollten und auch kein sättigendes Futter, wie Trockenfutter bekommen sollten. Eine komplette Passagedauer vom Mund bis zum fertigen Köttel dauert im Schnitt 4-5h. Rohfaser ist für das Kaninchen deshalb so wichtig, weil ein hoher Anteil an Rohfaser die Geschwindigkeit der Darmpassage der Nahrung bestimmt. Im meisten Trockenfutter ist der Rohfasergehalt und damit die Größe der einzelnen Futterpartikel, wenn sie verdaut werden, viel zu gering, sodass die Passagedauer der Nahrung im Darm unnormal lange dauert. Daher sind die Kaninchen bei falscher Fütterung anfälliger für Verdauungsprobleme.
Beim Übergang vom Dünn- in den Dickdarm zweigt der Blinddarm ab (s.o.). Partikel, die größer als 3mm sind, werden an diesem vorbeigeschleust und werden als normale, runde, trockene Köttel ausgeschieden. Sie sind dafür zuständig, dass die Verdauung in Gang bleibt, sind also quasi der Hauptantriebsfaktor. Partikel, die kleiner als 3mm sind gelangen in den Blinddarm (=Caecum) um dort mikrobiell noch weiter aufgeschlüsselt zu werden, sodass die Kaninchen Zugang zu den wichtigen darin enthaltenen Vitaminen (B, K…) und Proteinen bekommen. Wurde die Nahrung soweit im Blinddarm aufgeschlüsselt, kann sie vom Darm aber nicht mehr aufgenommen werden, da sie sich bereits im Dickdarm befindet, die Resorption für den Körper aber nur im Dünndarm stattfindet. Daher müssen die Kaninchen den Blinddarmkot nochmal fressen, um seine Inhaltsstoffe im Dünndarm aufzunehmen und erst dann können sie vom Körper effektiv genutzt werden. Anders als die allgemein bekannten Köttel ist Blinddarmkot sehr weich, traubenförmig (gemäß der Form des Blinddarms) aufgereiht und im frischen Zustand feucht glänzend. Wird er vom Kaninchen nicht gefressen und platt getreten, kann er leicht mit Matschkot oder gar Durchfall verwechselt werden. Blinddarmkot ist für Wildkaninchen auch in Hungerzeiten essentiell, da sie damit ihre Verdauung bis zu einem gewissen Grad in Gang halten können, wenn sie im Winter z.B. keine Nahrung finden.


Gebärmutter
Kaninchen besitzen einen Uterus duplex, das heißt, nicht wie viele andere Tiere eine Gebärmutter mit 2 Hörnern, sondern wirklich 2 voneinander getrennte Gebärmütter, die auch jeweils einen eigenen Gebärmutterhals haben. Die Gebärmutterhälse münden dann in die beim Kaninchen sehr lang ausgeprägte Vagina. Durch diese anatomische Besonderheit ist es dem Kaninchen möglich 2 Würfe unterschiedlichen Alters auszutragen, auch wenn dieses Phänomen sehr selten vorkommt. Hierbei spricht man von Superfötation. Kaninchen durchlaufen keinen regelmäßigen Sexualzyklus. Zwar haben auch sie fruchtbare und weniger fruchtbare Zeiten, aber im Prinzip kann der Eisprung jederzeit durch den Deckakt ausgelöst werden (= induzierte Ovulation). Bei sehr sensiblen Tieren reicht auch ein bloßes Streicheln über den Rücken dafür aus, sodass auch durch Streicheln theoretisch Scheinträchtigkeiten ausgelöst werden können.


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