Abstract
Der Fellwechsel stellt einen normalen Vorgang im Jahresablauf dar. Grundsätzlich kann ein gesundes Kaninchen ihn bei rohfaserreicher Ernährung mit Wiese, blättrigem Grünfutter und Heu eigenständig bewältigen. Während der Zeit des Fellwechsels kommt es zum Ausscheiden von Köttelketten, was ein Zeichen der funktionierenden Fellausscheidung ist. Verändert das Kaninchen sein Verhalten und die Köttel werden klein und hart, besteht die Gefahr einer Verstopfung. Es muss dringend ein*e Tierärzt*in aufgesucht werden. Während des Fellwechsels hat sich das regelmäßige Büsten (ca. 2- bis 3-mal die Woche) bewährt. Bei Langhaar-Kaninchen empfiehlt sich in den Sommermonaten regelmäßiges Scheren, um die Fellmenge zu reduzieren. Öle, Pasten oder Obst wie Ananas und Kiwi sollten nicht gegeben werden.
Wildkaninchen wechseln zweimal im Jahr ihr Fell von Sommer- auf Winterfell und umgekehrt. So schützen sie sich vor Kälte im Winter und Hitze im Sommer. Auf diese Weise sind sie optimal angepasst. Unsere Hauskaninchen in Außenhaltung haben auch einen Fellwechsel wie ihre wilden Artgenossen. Starke Wetterschwankungen führen ebenso zu einem Fellwechsel. Dies lässt sich insbesondere im Frühjahr oder Herbst beobachten, wenn die Temperaturen stark schwanken. In Innenhaltung ist der Fellwechsel meist langsam und gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt, da hier die Temperaturunterschiede meist geringer ausfallen.
Auf dem oberen Foto sieht man klar die Linie zwischen dickem Winter- und leichtem Sommerfell.
Kahle Stellen sollten nicht auftreten. Ist dies der Fall, können Parasiten oder Hautpilz der Grund sein, sodass schnellstmöglich ein*e Tierärzt*in aufgesucht werden sollte. In der Regel kommen Kaninchen mit dem Fellwechsel sehr gut allein zurecht, jedoch gibt es einige Aspekte, auf die man achten muss. Kurzhaarige Kaninchen haben weniger Probleme als Löwenköpfchen, Langhaar-Kaninchen, Angoramixe oder Teddys (hier mehr über Rassen). Diese plüschigen Kaninchen sollten das ganze Jahr über gebürstet werden. Oftmals hilft ein Kurzhaarschnitt im Sommer.
Köttelketten und Hungerkot
Die Fellpflege nimmt bei Kaninchen einen hohen Stellenwert ein. Oftmals verbringen sie mehrere Stunden täglich damit sich und andere Kaninchen zu putzen. Damit nehmen sie immer wieder kleine Mengen Fell auf. Während des Fellwechsels steigt die Menge der Haare, die in den Verdauungstrakt gelangt, massiv an. Haare sind schwer verdaulich und können dort sogenannte Köttelketten verursachen. Die Kotpartikel verbinden sich mit den Haaren und bilden die typischen Ketten. Kleine Mengen Fell werden vom Kaninchen bei artgerechter, blättriger und frischer Fütterung problemlos ausgeschieden. Wird die Menge des Fells im Magen-Darm-Trakt zu hoch oder nimmt das Kaninchen nicht genug Rohfasern auf, verdicken sich Ketten zu Haarsträngen. Das Kaninchen hat nun Probleme beim Ausscheiden und dies kann zu Verstopfungen führen. Wird dem Kaninchen in dieser Situation nicht geholfen, kann es schlimmstenfalls zu einer lebensgefährlichen Aufgasung (Lebensgefahr!) kommen.
Anzeichen für das Zuspitzen der Problematik sind:
- sehr kleine, harte Köttel (ca. Größe eines Stecknadelkopfes) oder kein Kot mehr
- Fressunlust
- Unruhe oder Apathie
- ein sehr harter, schmerzempfindlicher Bauch
In diesem Fall muss schnellstmögliche tierärztliche Praxis aufgesucht werden. Ein Röntgenbild gibt Aufschluss über das Ausmaß der Verstopfung und/oder Aufgasung. Liegt der Verdacht einer Verstopfung durch Fell vor, darf auf gar keinen Fall einfach gepäppelt werden, da der Speisebrei nicht weiter transportiert werden kann. Es kann zu weiteren lebensbedrohlichen Schädigungen des Magen-Darm-Traktes (z.B. Einreißen der dünnen Magenwand) kommen!
Köttelketten sind kein Grund zur Panik! Sie zeigen nur, dass Kaninchen die aufgenommenen Haare wieder ausscheiden. Sehr kleine, schwarze Köttel zeigen an, dass der Darmausgang versperrt ist. Der Kot des Kaninchens sowie dessen Verhalten muss während des Fellwechsels ständig beobachtet werden, um schnell reagieren zu können. Ein Darmverschluss endet ohne Hilfe meist tödlich. Durch die Fütterung von Heu, Wiese und blättrigem Gemüse kann die Ausscheidung unterstützt werden. Trockenfutter enthält nicht genug Rohfasern und kann die Situation zuspitzen.
Maßnahmen zur Unterstützung
Bürsten
Nicht jedes Kaninchen mag es, gebürstet zu werden. Die Wahl der Bürste kann die Toleranz des Kaninchens verbessern. Kaninchen, die Zupfbürsten nicht akzeptieren, reagieren zum Teil positiv auf den Flohkamm oder Streicheln mit dem Fellhandschuh. Wird das Bürsten vollständig abgelehnt, das Kaninchen genießt jedoch Streicheleinheiten? Dann kann man mit einer feuchten Hand über das Fell streicheln. Viele Haare werden dadurch bereits herausgestreichelt. Je mehr lose Haare herausgekämmt werden, desto weniger können vom Kaninchen aufgenommen werden. Empfehlenswert sind weiche Bürsten oder welche, bei denen die Spitzen mit Plastik- oder Gumminoppen abgerundet sind. Auf spitze Kämme sollte verzichtet werden, damit die empfindliche Kaninchenhaut nicht beschädigt wird. Dem Kaninchen sollten beim Bürsten aber niemals Haare herausgezupft oder -gerissen werden. Ist der Fellwechsel sehr stark und die Köttel bereits verändert, sollte man darüber nachdenken, auch Kaninchen zu bürsten, die es nicht mögen. Dafür kann man sie sich einfach auf eine rutschfeste Unterlage auf einen Tisch setzen. Es gilt abzuwägen, was stressiger ist: 2- bis 3-mal pro Woche während des Fellwechsels bürsten oder Klinikbesuche aufgrund eines Haarballens, der den Magenausgang bzw. Dünndarm verstopft.
Bewegung und gesundes Futter
Kaninchen, die viel Platz zur Verfügung haben, leiden wesentlich weniger an Magen- oder Darmproblemen. Während einer Verstopfung ist Bewegung sogar lebenswichtig, da es dadurch zu einer natürlichen Darmbewegung kommt. Rohfaserreiches Futter wie blättriges Gemüse, Wiese, Heu, Kräuter etc. sorgen für einen gesunden Nahrungstransport. Die zusätzlichen Haare werden somit schneller ausgeschieden. Kaninchen, die hauptsächlich Trockenfutter bekommen, haben einen trägen Darm und damit ein erhöhtes Risiko für Verstopfungen und Aufgasungen.
Zusätze
Zusätze wie Lactulose oder Rodicare Hairball sollten nur nach Absprache mit einer Tierärztin verabreicht werden. Diese Ergänzungen können auch Nebenwirkungen wie Durchfall haben. Pasten wie Maltpaste und Bezopet sind nicht zu empfehlen.
Natürliche Öle
Ölsaaten wie Leinsamen, Sonnenblumenkerne, Kürbiskerne und Fenchelsamen beinhalten natürliche Fette und Enzyme, die dem Kaninchen bei der Verdauung helfen können. Hier gilt die Faustregel: Saaten einweichen, um ein zusätzliches Quellen im Magen-Darm-Trakt zu vermeiden und nicht mehr als 1 Teelöffel pro Kilogramm Kaninchen wöchentlich. Sie sollten nur unterstützend im Fellwechsel verabreicht werden. Durch den hohen Energiegehalt sind sie wahre Dickmacher!
Paraffin und andere Öle
Hochwertige Speiseöle wie Kokosöl, Sonnenblumenöl, Walnussöl, Rapsöl oder Sesamöl werden immer wieder empfohlen, wirken jedoch primär im Magen, während die Engpässe häufig im Dünndarm vorliegen. Die Wirksamkeit der Öle ist somit in Frage zu stellen. Auf Rizinus- und Paraffinöl sollte verzichtet werden, da sie zu Darm- und Organproblemen führen können.
Kiwi und Ananas
Viele Kaninchenhalter*innen geben ihren Kaninchen während des Fellwechsels Ananas und Kiwi. Die dort enthaltenen Enzyme wie Bromelin und Actinidin sollen bei der Aufspaltung des Haareiweißes helfen. Jedoch werden diese Enzyme bereits mit der Magensäure zerstört. Die hohe Menge an Zucker im Obst kann sich sogar negativ auf die Verdauung auswirken.
Das könnte dich auch interessieren:
Was muss ich in welcher Jahreszeit beachten?
Wie gestalte ich ein abwechslungsreiches Gehege?
Wie funktioniert die Verdauung bei Kaninchen?
Gerne unterstützt dich das Möhren sind orange-Team
bei Fragen und Problemen rund um die Kaninchenhaltung.
Erreichbar unter kontakt@moehren-sind-orange.de oder direkt hier.