Mythos Kohl

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Stand: 2023

Abstract
Der Mythos, dass Kaninchen keinen Kohl fressen dürfen, hält sich bis heute. Da er blähend wirkt, sei er schädlich für das Tier. Das Problem ist jedoch nicht der Kohl selbst! Füttern wir Kohl nicht richtig an, füttern wir zusätzlich Trockenfutter und bieten dem Kaninchen nicht genug Bewegung, kann die Verdauung nicht richtig arbeiten. Grundsätzlich ist Kohl bei der Beachtung einiger Grundregeln nicht nur fressbar für Kaninchen, sondern ein gesunder, vielseitiger Bestandteil der Winterfütterung. Wie jedes Gemüse sollte er roh und wie jede neue Sorte langsam angefüttert werden. Die verschiedenen Kohlarten weisen eine unterschiedliche Kaloriendichte und Verträglichkeit auf.

Kohl als Winterfutter 
Findet man wegen Schnee oder Frost nicht mehr genug Wiesenpflanzen, kann man Kohl im Supermarkt dazu kaufen. Kohl ist günstig und behält im Gegensatz zu Salat nach einer frostigen Nacht seine Struktur bei und wird nicht matschig. Zudem lässt sich Kohl im Sommer sehr gut im Garten anbauen. Hierbei ist ein ökologischer Anbau ohne chemische Dünger und Pflanzenschutzmittel notwendig. Die Fütterung von Kohl ersetzt jedoch keine Wiesenernährung. Grundsätzlich sollte auch im Winter der Futterplan zu 100% aus blättriger Kost bestehen. Das ist unter anderem wichtig für den Zahnabrieb. Kohl kann zur leichten Gasbildung im Darm führen, daher ist es für Kaninchen wichtig sich ausreichend zu bewegen, um die Gase aus dem Verdauungstrakt abführen zu können. Bewegung regt die Darmaktivität an. Beim Anfüttern kann es dazu kommen, dass sich die Bakterien im Blinddarm, die sich von Zucker ernähren, zu stark vermehren. Hierdurch können Gärprozesse entstehen, die Gase bilden.

Kohlsorten – das Wichtigste im Blick  
Im Winter gehören verschiedene Kohlsorten auf den Speiseplan, um eine abwechslungsreiche Ernährung zu gewährleisten. Er sollte immer in einer guten Mischung angeboten werden. Kohl ist kein Alleinfuttermittel. Hartkohl ist im Allgemeinen schlechter verträglich, bei den Kaninchen eher unbeliebter und sollte erst gefüttert werden, wenn das Kaninchen die anderen Kohlsorten bereits vertragen hat. Grundsätzlich sind alle Kohlsorten fressbar, die häufigsten haben wir hier mit ihrer Verträglichkeit und ihren Eigenschaften aufgelistet:

Leicht verträgliche Kohlsorten

  • Blumenkohl ist eine Vitaminbombe und soll gegen Magenverstimmungen und Krämpfe helfen. Ihn gibt es nicht nur mit weißem Kopf, sondern ist auch in vielen Farben erhältlich. Sie sind alle inkl. der Blätter fressbar und beliebt bei Kaninchen.
  • Brokkoli ist gut verträglich, vitaminreich, beliebt bei unseren Kaninchen und soll die Abwehkräfte, sowie die Augen, Haut und Nerven stärken. Durch den hohen Kalziumanteil sollte Brokkoli nicht oder nur in sehr geringen Mengen an Kaninchen mit Blasengrieß verfüttert werden, da dies die Harnsteinbildung fördert. Gesunde Kaninchen können Brokkoli auch in größeren Mengen (nach vorheriger Anfütterung) vertragen. Brokkolie kann im eigenen Garten angebaut und grundsätzlich mit Blättern und Strunk verfüttert werden.
  • Chinakohl ist als einziger Kohl nicht blähend und ebenfalls ein wichtiger Vitaminspender. Er ist mild, verdauungsfördernd, kalorienarm und bei Kaninchen beliebt. Damit eignet sich Chinakohl auch für Kaninchen mit einer empfindlichen Verdauung. Ebenfalls werden Chinakohl abwehrstärkende Eigenschaften nachgesagt.
  • Grünkohl ist sehr vitaminreich und zählt zu den Vitamin-C-reichsten Gemüsesorten. Auch er eignet sich durch die Frostbeständigkeit als Winterfutter und ist bei den meisten Kaninchen heiß begehrt.
  • Kohlrabi ist ebenfalls vitaminreich, die Knolle sollte jedoch aufgrund der Kaloriendichte und des Härtegrades nur als Leckerchen in wenigen Sparschäler-Streifen angeboten werden. Die Blätter hingegen können problemlos auch in größeren Mengen verfüttert werden und sind zudem deutlich beliebter als die Knolle.
  • Pak Choi ist bei Kaninchen eher beliebt, vitaminreich, kalorienarm und keimtötend.
  • Rappa, auch Stängelkohl genannt, ist leicht bitter und hierzulande zwar weniger bekannt, aber für Kaninchen gut verfütterbar.
  • Romanesco kann mit Blättern zusammen angeboten werden – am besten aus dem eigenen Garten. Ebenso wie Brokkoli und Blumenkohl ist Romanesco (auch Romanesko) beliebt.
  • Schwarzkohl ist bei den meisten Kaninchen eher beliebt.
  • Spitzkohl ist besonders zart und gut verträglich. Er enthält viel Ascorbigen, eine Vorstufe von Vitamin C. Spitzkohl wird von Kaninchen gerne gefressen.

Schwerer verträgliche Kohlsorten:

  • Jaromakohl ist eine alte Weißkohlsorte und damit vitaminreich und bei Kaninchen beliebt.
  • Rosenkohl ist bei Kaninchen eher beliebt, der bittere Geschmack schreckt sie nicht ab. Aufgrund der nicht so leichten Verträglichkeit sollte Rosenkohl in kleineren Mengen angeboten werden.
  • Rotkohl enthält viele Mineralstoffe wie Eisen. Für die Färbung ist Anthocyanen verantwortlich, diesem sagt man eine immunstärkende Wirkung nach, kann allerdings den Urin verfärben. Eher unbeliebt bei Kaninchen. 
  • Weißkohl kann gut im eigenen Garten angebaut werden und ist bei Kaninchen eher beliebt.
  • Wirsing ist ein vitamin- und mineralstoffreicher Kohl. Vor allem die dunklen Blätter sind sehr beliebt.

Kohl ist insgesamt sehr kalorienhaltig, weshalb insbesondere bei übergewichtigen Tieren ein geringerer Anteil Kohl gewählt werden sollte bzw. vorzugsweise kalorienarme Kohlsorten.  

Kohlsorte Brennwert Eiweiß Fett Kohlenhydrate Ballaststoffe 
Pak Choi 12kcal 1g 0,5g 1g 1g 
Chinakohl 13kcal 1,5g 0,3g 1,2g 1,9g 
Romanesco 22kcal 2,4g 0,3g 2,3g 3g 
Blumenkohl 22kcal 2,5g <1g 2,3g 2,9g 
Spitzkohl 23kcal 2,1g 0g 3g 2,5g 
Wirsing 25kcal 3g 0,4g 2,4g 2,5g 
Weißkohl 25kcal 1,4g 0,2g 4,2g 3g 
Rotkohl 27kcal 1,5g 0,2g 3,5g 2,5g 
Kohlrabi*28kcal 1,7g 0,2g 3,7g 1,5g 
Schwarzkohl 30kcal 1,4g 0,2g 4,2g 3,0g 
Grünkohl 37kcal 3,4g 0,9g 2,5g 4,2g 
Brokkoli 43kcal 4g 0,2g 2,9g 2,5g 
Rosenkohl 44kcal 4,2g 0,3g 3,3g 4,3g 
Berechnung der Tabelle auf 100g
*Kohlrabi ist eine Knolle und sollte, wie anderes Wurzel- und Knollengemüse auch, maximal als Leckerchen in wenigen dünnen Sparschäler-Streifen angeboten werden.

Kohl und Trockenfutter
Bei Jungtieren ist die Umstellung auf Kohl am einfachsten, da ihr Verdauungstrakt noch nicht vom Trockenfutter belastet ist. Bei älteren Tieren, die über Jahre mit Trockenfutter gefüttert wurden, muss bei der Umstellung behutsamer vorgegangen werden. Der Verdauungstrakt ist oftmals gereizt und reagiert stärker auf das ungewohnte Futter. Ähnlich wie Obst und Knollengemüse ist Trockenfutter sehr kalorienreich. Kohlenhydrate blockieren im Darm die Motilinrezeptoren und behindern hierdurch die Darmbewegung.

Wichtig: Trockenfutter niemals gemeinsam mit Kohl füttern!

Durch das Aufquellen des Trockenfutters im Magen wird frühzeitig ein Sättigungsgefühl ausgelöst und nicht mehr ausreichend Nahrung aufgenommen, dadurch verweilt die Nahrung länger im Magen-Darm-Trakt. Füttert man nun zusätzlich Kohl kann dieser durch die verlangsamte Verdauung seine blähende Wirkung voll entfalten. Auch die Darmbakterien unserer Kaninchen müssen sich auf das neue Futter einstellen können, weshalb eine langsame Umstellung unumgänglich ist.  

Anfüttern 
Die Umstellung oder auch das Anfüttern kann einige Wochen in Anspruch nehmen. Das ist völlig normal und davon sollte man sich nicht abschrecken lassen. Die Erweiterung des Speiseplanes lohnt sich! Wenn man die Ernährung eines Kaninchens, dass jahrelang Trockenfutter bekommen hat, umstellen möchte, sollte man als erstes das Trockenfutter reduzieren und stattdessen immer mehr Wiesenpflanzen, Salate und Möhrengrün füttern –  Wiese ist immer noch das beste Futtermittel. Während der Umstellung kann auch Fenchel gefüttert werden, er ist gut für die Verdauung.  Ist das Trockenfutter abgesetzt, kann nach ein paar Tagen damit begonnen werden, Kohl zu füttern.  Für den Anfang wählt man eine leicht verdauliche Sorte, z. B. Kohlrabiblätter. Sie werden erfahrungsgemäß gut angenommen. Man beginnt mit zwei Blättern. Die Menge wird täglich gesteigert, dabei ist darauf zu achten, dass die Kaninchen in einem guten Gesundheitszustand sind.  Zeigt das Kaninchen beim Anfüttern gesundheitliche Probleme, wie Durchfall, Appetitlosigkeit oder andere Auffälligkeiten sollte das Anfüttern sofort unterbrochen und bei schweren Fällen ein*e Tierärzt*in aufgesucht werden. Normalerweise sollten die Symptome nachlassen, wenn das Kaninchen keinen Kohl mehr bekommt. Wird eine Sorte vertragen, kann mit einer anderen auf die gleiche Weise begonnen werden, dabei muss die bekannte Kohlsorte nicht abgesetzt werden. Wenn eine Sorte verschmäht wird, kann dies auch am individuellen Geschmack liegen, sodass mit einer weiteren Sorte fortgefahren werden kann (ggf. zu einem späteren Zeitpunkt erneut anbieten). Ist der Kohl erst einmal angefüttert, so kann er auch in großen Mengen gereicht werden. Wurde er über einen längeren Zeitraum, ein halbes Jahr oder länger, nicht mehr gefüttert, so muss er neu angefüttert werden. 


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