Sämereien / Saaten

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Stand: 2024

Abstract
Unsere Hauskaninchen benötigen keine Saaten. Ein erhöhter Energiebedarf durch Zucht, Wachstum, Stress, chronische Erkrankung oder Alter kann durch kalorienreiches blättriges Frischfutter wie Kräuter oder Kohl gedeckt werden. Auch große Rassen im Winter in Außenhaltung benötigen nicht per se Energie aus Getreide. Sämereien weisen zu viel Energie (Gefahr von Übergewicht) auf und können Zähne und Darmtrakt nachhaltig schädigen.

Erfreulicherweise wird immer weniger handelsübliches Trockenfutter und Pellets verfüttert. Seit einiger Zeit gibt es jedoch den Trend vermehrt Sämereien anzubieten. Nachfolgend werden daher die Probleme aufgeführt und Alternativen vorgeschlagen. 


Grundsätzliche Probleme


Zu viel Energie
Getreide und Saaten sind in erster Linie Energielieferanten, sie weisen einen hohen Stärkegehalt auf. Stärke ist ein Kohlenhydrat, welches im Laufe des Verdauungsprozesses zu Glukose (Zucker) gespalten wird. Zwar nehmen auch Wildkaninchen auf Feldern Getreide auf, unsere Hauskaninchen benötigen i.d.R. diese zusätzliche Energie nicht. Sie müssen nicht, wie Wildkaninchen, ständig Futter suchen, sich paaren und die Jungen großziehen, ihr Revier verteidigen und neues erschließen, vor Raubtieren flüchten, neue Bauen anlegen etc. Im Gegenteil: Unsere Kaninchen leiden häufig an Übergewicht, welches zu verschiedenen gesundheitlichen Problemen führt. Auch große Rassen im Winter im Außengehege benötigen per se erstmal keine zusätzliche Energie durch Saaten. 

Verlangsamte Darmbewegung
Die stark konzentrierten Kohlenhydrate hemmen zudem die Ausschüttung von Motilin, einem Enzym, welches für die Darmeigenbewegung zuständig ist. Durch zu viele Kohlenhydrate in der Ernährung sinkt die Darmmobilität, was ein Faktor zur Entstehung von Verdauungsproblemen sein kann. Kommen weitere Faktoren wie Stress, Schmerzen, Parasiten etc. hinzu, kann die Verdauung vollständig zum Erliegen kommen.

Sättigung
Durch den hohen Energiegehalt nehmen Kaninchen, die Saaten erhalten, weniger blättriges Frischfutter auf, da sie bereits „satt“ sind. Der Nahrungsbrei wird nicht weitergeschoben und verweilt zu lange im Magen oder Darm. Dies fördert den Nährboden für pathologische Keime, die sich negativ auf die Verdauung auswirken.  

Zahnprobleme
Saaten müssen vertikal gekaut werden (wie andere harte Futtermittel auch), dies entspricht jedoch nicht der natürlichen Kaubewegung von Kaninchen. Blättriges wird in den Mund geschoben und horizontal (bzw. als liegende Acht) zerschnitten. Nur durch diesen Zahn-Zahn-Kontakt nutzen sich die ständig nachwachsenden Zähne natürlich ab. Ebenfalls ist der Kiefer und das Kiefergelenk ausschließlich auf diese horizontale Kaubewegung spezialisiert, die kaum Kraft erfordert.  (Mehr zum Thema Zahnerkrankungen hier)


Wann ist das Verfüttern von Sämereien sinnvoll?


Generell gilt: Unsere Hauskaninchen brauchen keine Saaten, gut strukturiertes Grünfutter ist absolut ausreichend. Die Frage, ob Zuchtkaninchen tatsächlich Kraftfutter also z.B. Sämereien brauchen, bleibt offen. Vielleicht ist die Fütterung von Trockenfuttermischungen, Getreide und Sämereien kostengünstiger, als hochwertiges Grünfutter anzubieten und die Behauptung hält sich deswegen hartnäckig.   

Untergewicht
Wenn ein Kaninchen tatsächlich Untergewicht hat, muss zunächst schnellstmöglich die Ursache (z.B. Parasiten) gefunden werden. Häufig erlangt das Kaninchen nach Behandlung von allein wieder sein Normalgewicht. Es gibt jedoch chronische kräftezehrende Erkrankungen oder ein hohes Alter, welches zum Gewichtsverlust führt. Diese Tiere können z.B. mehr Kräuter, blättrige Kohlsorten oder andere vergleichsweise kalorienreiche Pflanzen (z.B. Löwenzahn) erhalten, um ihr Gewicht zu halten. Dies ist deutlich schonender für die Zähne und den Verdauungstrakt.  

Wachstum
Im Wachstum befindliche Kaninchen brauchen mehr Energie, dies ist jedoch ebenfalls problemlos mit blättrigem Frischfutter möglich. Die zusätzliche Energie wird bereits damit aufgenommen, dass die Welpen deutlich mehr essen. Vor allem bei den kleinen Zähnchen wäre es fatal, diese bereits im jungen Alter mit hartem Futter wie Saaten zu schädigen. 

Stress
Gestresste Kaninchen benötigen häufig mehr Energie, jedoch sollte der Darm nicht zusätzlich mit kohlenhydratreichen Saaten belastet werden.  

Leckerchen
Der einzige Grund, warum einzelne Saaten verfüttert werden könnten, ist die Belohnung, z.B. beim Training. Dafür ist ein Saatenkorn pro Belohnung ausreichend.  

Geeignete Sorten

Mehlsaatenhoher Stärkegehalt  Ölsaatenhoher Fettgehalt
Amaranth
(enthält Eiweiß, Fett, Kalzium, Eisen, Vitamin B1 und Aminosäuren) 
Chiasamen 
(Vorsicht stark quellend! Reich an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen) 
Buchweizen
(sehr nährstoffreich) 
Fenchelsamen 
(reich an Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen) 
Dari / Sorghum 
(hoher Kohlenhydratanteil mit vielen Aminosäuren) 
Kürbiskerne 
(reich an Vitamin E, Eisen und Fettsäuren) 
Dinkel & Gerste 
(beide Sorten sind nur mit Spelz verfütterbar und sind ein reines Energiefutter, wobei beide Sorten in grünem bzw. unreifem Zustand gesünder sind) 
Leinsamen 
(reich an Vitamin E und Fettsäuren)  
Grassamen
(protein- und vitaminreich mit vielen Enzymen)
 
Mariendistelsamen 
(wirkt unterstützend auf die Leber)  
Hafer im Spelz/Haferflocken 
(nährstoffreich, hoher Gehalt an Fett und Proteinen)  
Mohn 
(reich an Vitamin E und Fettsäuren)  
Hanfsamen 
(reich an Vitaminen, Proteinen, Fettsäuren)  
Ramtillkraut 
(hoher Fett- und Proteinanteil, gutes Kalzium-Phosphor-Verhältnis)  
Hirse 
(mineralstoffreich) 
Schwarzkümmel
(wirkt unterschützend auf das Immunsystem) 
Mais 
(sollte als Maisflocken gegeben werden, da die Körner sehr hart sind, sehr hoher Kohlenhydratanteil) 
Sesam
(enthält Kalzium, Phosphor, Aminosäuren, Fettsäuren und Vitamin E) 
Quinoa 
(reich an Nährstoffen, Fettsäuren, Mineralien, Proteinen und Spurenelementen)
Sonnenblumenkerne
(gut verträglich, sollten geschält verfüttert werden; energiereich, enthalten Vitamin E, Mineralien, Amino- und Fettsäuren)

Ungeeignete Sorten

  • Reis (wäre nur mit Spelz verfütterbar, in dieser Form ist er bei uns jedoch nirgends erhältlich) 
  • Roggen (extrem mangelhafte Verträglichkeit)
  • Weizen (extrem mangelhafte Verträglichkeit) 

 


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