Allgemeines
Eine Scheinträchtigkeit ist eine Hormonstörung bei unkastrierten Weibchen, wodurch ihnen vorgegaukelt wird, sie wären tatsächlich trächtig. Dieses Phänomen tritt auch bei anderen Tierarten auf.
Ursachen
Kaninchen haben keinen wiederkehrenden Zyklus, sie sind das ganze Jahr über empfangsbereit. Der Eisprung wird durch das Rammeln beim Deckakt ausgelöst. Es kann jedoch auch sein, dass der Einsprung beim gegenseitigen Berammeln (zur Klärung der Rangordnung) oder einem Nackenbiss durch Artgenossen, beim Streicheln über die Wirbelsäule, bei großen Schwankungen der Temperatur (vor allem im Frühling und Herbst) oder einem missglückten Deckungsakt ausgelöst wird. Es ist außerdem zu beobachten, dass Scheinträchtigkeiten häufiger auftreten, wenn das jeweilige Weibchen mit Kastraten zusammenlebt.
Symptome
Das weibliche Kaninchen bildet nun vermehrt das Hormon Progesteron, ein Schwangerschaftshormon, welches für das Verhalten bei einer Scheinträchtigkeit verantwortlich ist. Kaninchen, die scheinschwanger sind, rupfen sich Bauchfell aus und bauen unermüdlich auch mit Stroh, Heu, Handtüchern und anderem Nistmaterial ein Nest. Sie versuchen eine tiefe Höhle zu buddeln, was häufig auf dem Teppich oder im Einstreu nicht möglich ist. Außerdem sind sie aggressiver gegenüber ihrem Halter und den anderen Artgenossen als sonst. Bitte nicht falsch verstehen, das Weibchen möchte ihren vermeintlichen Nachwuchs nur schützen. Oft verlieren diese Häsinnen an Gewicht, die Zitzen können anschwellen und sogar Milcheinschuss ist prinzipiell möglich, aber eher selten. Sie sind dauergestresst, unruhig, laufen rastlos umher und vergessen dadurch mitunter auch zu fressen. Oft sitzen oder liegen sie auch völlig erschöpft mit dem gesammelten Nistmaterial herum.
Behandlung
In der Regel dauert eine Scheinträchtigkeit ein paar Tage. Wichtig bei einer akuten Scheinträchtigkeit ist, dass der Halter sein Weibchen möglichst wenig zusätzlich stresst. Das Tier sollte – wie auch sonst – nur gestreichelt und angefasst werden, wenn es dies möchte. Zudem sollte das Nest nicht zerstört werden. Für das Weibchen gleicht dies einer Katastrophe, kein geeignetes Nest mehr zu haben. Es wird sich erneut Fell raus rupfen und noch hektischer ein neues Nest bauen. Versuche also, dem Tier so viel Stress wie möglich zu ersparen und entferne das Nest erst, wenn das Kaninchen daran kein Interesse mehr hat und die akute Scheinträchtigkeit vorüber ist. Kräuter wie Salbei, Basilikum, Fenchel, Melisse und Kamille wirken beruhigend und sollten in dieser Zeit vermehrt angeboten werden. Weitere Kaninchen sollten in dieser Zeit wie gewohnt im Gehege bleiben, jedoch, wenn möglich, sollte ihnen weitere Unterschlüpfe und mehrere Futterplätze angeboten werden, da das scheinträchtige Weibchen auch ihnen gegenüber meistens aggressiver ist.
Schutz
Die meisten Weibchen werden ein- bis zweimal im Jahr scheinträchtig. Wenn dieses Verhalten schnell wieder abklingt, ist dies noch kein Grund zur Sorge. Werden sie hingegen öfter als 4x pro Jahr scheinträchtig, sollte über eine Kastration nachgedacht werden. Evtl. liegt bereits eine Gebärmutterveränderung vor. Viele Kaninchenhalter entscheiden sich für eine vorbeugende Kastration, sodass Scheinträchtigkeiten gar nicht erst auftreten können. Scheinschwangerschaften sind nicht nur sehr stressig für die Tiere, sondern können auch zu körperlichen Problemen, wie Zysten oder Gebärmutter- und Eierstockkrebs führen. Ob man die prophylaktische Kastration nun durchführen möchte, sollte jeder für sich entscheiden und zusammen mit seinem Tierarzt besprechen. Auf der einen Seite leiden über 80% aller weiblichen Kaninchen früher oder später an Gebärmutterveränderungen, bis hin zum Krebs, auf der anderen Seite ist dieser Eingriff wesentlich riskanter als z. B. die Kastration bei Männchen. Nach diesem Eingriff ist aber nicht nur das Problem des Krebsrisikos gelöst, sondern die Weibchen werden oft auch ausgeglichener und sozialer. Von einer Behandlung mit Hormonen wird abgeraten, da es sehr umstritten ist und dies nicht zu einem dauerhaften Erfolg führen kann, da nur die Symptome gemildert werden, aber nicht die Ursache bekämpft wird.
Irrglaube
Eine Deckung hilft weder während der Scheinträchtigkeit, noch anschließend zur Vermeidung weiterer. Dies ist ein Irrglaube. Scheinträchtigkeiten können auch nach der Geburt von Welpen weiterhin auftreten. Außerdem sollten Laien niemals zwei Kaninchen miteinander verpaaren. Siehe weiter: Nachwuchs
Erfahrungsbericht: Scheinträchtigkeit (Patricia)
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