Stand: 2023
Abstract
Eine Impfung veranlasst eine Antikörperbildung gegen den injizierten Erreger. Das heißt, dass das Immunsystem durch Kontakt mit dem Erreger die Fähigkeit erlangt, diesen Virus oder dieses Bakterium bei einer tatsächlichen Infektion zu bekämpfen. Man unterscheidet Core- und Non-Core Impfungen. Core-Impfungen sind Impfungen gegen Krankheiten, wogegen jedes Tier geimpft sein sollte (bei Kaninchen Myxomatose, RHD1 und RHD2). Non-Core- Impfungen sind Impfungen gegen Krankheiten, wogegen man zwar impfen kann, was aber nicht für jedes Tier notwendig und sinnvoll ist (z.B. Kaninchenschnupfen). Bei einer Infektion mit Myxomatose oder RHD von nicht geimpften Tieren besteht keine Behandlungsmöglichkeit. Das Tier stirbt. Wir empfehlen darauf zu achten, dass die Kaninchen gegen beide Krankheiten und vor allem gegen beide Virusvarianten von RHD geimpft werden, z.B. mit dem Impfstoff Nobivac® Myxo-RHD PLUS. Es müssen regelmäßige Auffrischungsimpfungen erfolgen (Häufigkeit vom Impfstoff abhängig).
Allgemeine Informationen zur Impfung
Man unterscheidet zwischen einer aktiven und einer passiven Immunisierung. Bei der aktiven Immunisierung besteht der Impfstoff aus abgeschwächten oder abgetöteten Krankheitserregern. Hier bildet das Kaninchen selbst dazu die Antikörper. Bei der passiven Immunisierung werden direkt Antikörper gegen die besagte Krankheit verabreicht. Alle für Kaninchen erhältlichen Impfstoffe basieren in Deutschland auf der aktiven Immunisierung.
Deshalb ist es sehr wichtig, dass das Immunsystem des Kaninchens, das geimpft werden soll, nicht schon vorher beeinträchtigt ist. Eine Impfung kann nur optimal wirken und ist auch nur sinnvoll, wenn das Tier in einer guten Verfassung ist. Bei kranken Tieren ist ein Impferfolg nicht vorhersehbar. Dies heißt jedoch nicht, dass man chronisch kranke Tiere nicht impfen soll. Gerade diese Tiere brauchen einen Impfschutz. Man sollte aber Tieren, die gerade eine Krankheit durchmachen Zeit zur Heilung geben, bevor man sie impfen lässt. Also z.B. einen akuten Schnupfenschub abwarten, bis er besser ist, nach einer großen Verletzung die Heilung abwarten, nach einer Notoperation warten etc.
Bei einer Infektion mit Myxomatose oder RHD von nicht geimpften Tieren besteht keine Behandlungsmöglichkeit. Das Tier stirbt.
Vor der Impfung empfiehlt es sich, eine Allgemeinuntersuchung (Zähne, Nase, Augen, Ohren, Herz, Lunge, Haut und Fell, Bauch, Temperatur) durchführen zu lassen und eine Kotprobe abzugeben. Es empfiehlt sich eine Kotprobe vorher 3-5 Tage zu sammeln und sie bereits eine Woche vor dem Impftermin abzugeben. Nur wenn das Kaninchen für rundum gesund befunden wurde, sollte geimpft werden. Kein*e gute*r Tierärzt*in impft, ohne das Tier vorher gründlich durchgecheckt zu haben! (–> Wie finde ich eine*n gute*n Tierärzt*in?)
Nach der Impfung sollte man seine Kaninchen gut beobachten, denn es könnte eine Impfreaktion oder Unverträglichkeit gegen den Impfstoff auftreten. Eine kleine Schwellung an der Einstichstelle ist ganz normal. Kleine Knötchen unter der Haut können bis zu 1,5 Monate nach der Impfung noch bestehen und bedürfen keiner Behandlung. Manchmal können Abszesse entstehen (pralle Beulen mit Eiterfüllung). Diese sollten behandelt werden.
Wogegen sollten Kaninchen geimpft werden?
Myxomatose
Rabbit haemorrhagic disease (RHD) oder Chinaseuche
Rabbit haemorrhagic disease (RHDV2)
Es ist auch möglich, gegen Kaninchenschnupfen zu impfen. Allerdings wird bei einer erfolgreichen Impfung nur die Immunität gegen 2 Schnupfenerreger (Pasteurella multocida und Bordetella bronchiseptica) erreicht. Diese Impfung ist sehr umstritten. Gegen andere Schnupfenerreger ist die Impfung nicht wirksam. Kaninchenschnupfen ist eine multifaktorielle Erkrankung, das heißt, die Infektion mit den Bakterien führt nicht zwangsläufig zur Krankheit. Es kommen Faktoren von außen hinzu (Haltung, Fütterung…) und Faktoren vom Kaninchen selbst (Erkrankungen), die das Immunsystem schwächen und das Kaninchen belasten, sodass der Kaninchenschnupfen ausbrechen kann. Daher ist es immer eine Einzeltierentscheidung wie vorgegangen wird. Für Problembestände besteht die Möglichkeit eine Autovakzine herzustellen. Das heißt, dass eine bakteriologische Untersuchung erfolgt und aus dem isolierten Erreger ein bestandsspezifisches Vakzin hergestellt wird.
Wann sollte man seine Kaninchen impfen lassen?
Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Kaninchen können nämlich das ganze Jahr über geimpft werden – bestenfalls kurz nach dem Einzug in ihr neues Zuhause, wenn sie nicht noch einen aktuellen Impfschutz haben (siehe Impfpass). Damit der Körper bzw. das Immunsystem die Impfung bestmöglich umsetzen kann, sollte das Kaninchen mindestens 2 Wochen vor und nach der Impfung keinem Stress ausgesetzt sein. Auf einen Umzug, Ortswechsel, Operationen oder Vergesellschaftungen sollte in diesem Zeitraum verzichtet werden.
Ansonsten ist das Frühjahr die beste Zeit zum Impfen, da zu dieser Zeit wieder vermehrt Mücken und andere möglichen Krankheitsüberträger unterwegs sind und die Infektionsgefahr über verfütterte, gepflückte Wiese steigt. Häufig werden in diesem Zeitraum auch von Tierärzt*innen Impftage angeboten, an denen das Impfen günstiger ist.
Womit und wie oft sollte man seine Kaninchen impfen lassen?
Es gibt viele unterschiedliche Impfstoffe. Welcher Impfstoff verwendet wird, ist von Tierärzt*in zu Tierärzt*in unterschiedlich. Hier stellen wir euch die gängigsten Impfstoffe in Deutschland vor:
Impfstoffe gegen RHD 1 und 2
- Filavac VHD K C+V
gegen RHDV-1 + RHDV -2
Mindestalter: 10 Wochen
Grundimmunisierung: ab der 10. Lebenswoche: einmalige Applikation
Impfintervall: Wiederholungsimpfungen jährlich
Beginn der Immunität: 1 Woche nach der Impfung
- Fatrovax RHD
gegen RHDV-1 und RHDV-2
Mindestalter: ab 28 Tagen
Grundimmunisierung: einmalig
Impfintervall nach 1 Jahr
Beginn der Immunität: 7 Tage nach der Impfung
Impfstoffe nur gegen RHD 1
- RIKA-VACC® RHD
gegen RHDV-1 (ACHTUNG: NUR RHD 1)
Mindestalter: 4 Wochen
Dauer der Immunität: 1 Jahr
Bemerkung: Nachkommen immunisierter Häsinnen aufgrund der maternalen Antikörper erst ab 3 Monaten impfen, bei erhöhter Infektionsgefahr ab 6 Wochen, dann Wiederholungsimpfung nach 3-4 Wochen
Impfstoff nur gegen RHD 2
- ERAVAC®
gegen RHDV-2 (ACHTUNG: NUR RHD 2)
Mindestalter: 30 Tage
Impfintervall: jährlich
Beginn der Immunität: 1 Woche nach der Impfung
Kombi-Impfstoff gegen RHD1 + 2 & Myxomatose (aktuell häufig eingesetzter Impfstoff)
- Nobivac® Myxo-RHD PLUS
gegen RHDV-1 und RHDV-2 und Myxomatosevirus
Mindestalter: ab Alter von 5 Wochen
Grundimmunisierung: einmalig
Impfintervall: alle 12 Monate
Beginn der Immunität: nach 3 Wochen – Daher nicht für Notimpfung geeignet!
WICHTIG: Umstellungsschema beachten
HINWEIS: Es gibt heimtierkundige Tierärzt*innen, die zusätzlich zu Nobivac® Myxo-RHD PLUS halbjährig zeitversetzt einen Einzelimpfstoff gegen RHD 1 und 2 impfen (z.B. Filavac VHD K C+V), um in gefährdeten Gebieten den Impfschutz gegen RHD zu erhöhen. Man verspricht sich einen besseren Schutz vor möglichen neu auftretenden Mutationen, wenn verschiedene Impfstoffe zum Einsatz kommen. Studien gibt es dazu nach unserem Kenntnisstand derzeit nicht, aber die Argumentation ist schlüssig.
Umstellungsschema:
- Kaninchen, die bisher keine Impfung erhalten haben, können ohne anderen Impfstoff mit Nobivac® Myxo-RHD PLUS geimpft werden.
- Kaninchen, die bisher nur gegen RHD 1 und 2 geimpft waren, können ohne anderen Impfstoff mit Nobivac® Myxo-RHD PLUS geimpft werden
- Kaninchen, die bisher vollständig gegen Myxomatose und RHD 1 und 2 geimpft worden sind, können ohne anderen Impfstoff mit Nobivac® Myxo-RHD PLUS geimpft werden.
- Kaninchen, die nur gegen Myxomatose oder gegen Myxomatose und RHD1 (aber nicht gegen RHD 2) geimpft worden sind, brauchen für den erstmaligen vollständigen Schutz einen zusätzlichen Impfstoff gegen RHD 1 und 2 (z.B. Filavac VHD K C+V)
- Sonderfall: Kaninchen, die eine Myxomatose-Feldinfektion hatten und diese (unwahrscheinlicherweise) überlebt haben, brauchen ebenfalls zusätzlich zur ersten vollständigen Immunisierung einen Impfstoff gegen RHD 1 und 2
- Der Impfstoff gegen RHD 1 und 2 (z.B. Filavac VHD K C+V) kann wahlweise (im Ermessen der Tierärztin bzw. des Tierarztes) einige Wochen zeitversetzt (2-4 Wochen) oder am gleichen Tag ortsgetrennt (also eine Impfung rechts, eine Impfung links) geimpft werden.
- In jedem Fall gilt, dass die Folgeimpfung nach 12 Monaten nur mit Nobivac® Myxo-RHD PLUS erfolgen kann.
- Zur Erklärung: Seit 2019 zugelassen, rekombinanter Impfstoff: Impfstamm sind Myxomatoseviren, die das Kapsoidgen von RHD-Viren Typ 1 oder Typ 2 exprimieren.
Kombi-Impfstoffe gegen RHD1 & Myxomatose
- RIKA-VACC® Duo
gegen RHDV-1 & Myxomatosevirus (ACHTUNG: NUR RHD 1)
Mindestalter: 6 Wochen
Grundimmunisierung: zwei Impfungen im Abstand von 4 Wochen
Impfintervall: alle 6 Monate
Beginn der Immunität: Myxomatose: nach 5 Tagen, RHD 1: nach etwa 10 Tagen - Nobivac® Myxo-RHD
gegen RHDV-1 & Myxomatosevirus
Mindestalter: 5 Wochen
Grundimmunisierung: einmalige Applikation
Impfintervall: alle 12 Monate
Auch hier: Umstellungsschema beachten
Auszug aus der Packungsbeilage: „Kaninchen, die bereits mit einem anderen Myxomatose-Impfstoff geimpft wurden oder eine natürliche Myxomatose-Feldinfektion durchlebt haben, entwickeln möglicherweise nach der Impfung keine ausreichende Immunreaktion gegen die Hämorrhagische Krankheit der Kaninchen. Der Impfstamm ist ein Myxomatose-Virus, das das Gen des Kapsoidproteins des Virus der Hämorrhagischen Krankheit der Kaninchen exprimiert. Folglich werden die Kaninchen gegen das Myxomatose-Virus und das Virus der Hämorrhagischen Krankheit der Kaninchen immunisiert.“
Impfstoffe gegen Myxomatose oder Kaninchenpest
- RIKA-VACC® Myxo s.c.
Mindestalter: 4 Wochen, allerdings: prophylaktische Immunisierung ab der 10. Lebenswoche, prophylaktische Immunisierung in endemischen Gebieten: 2 Impfungen im Abstand von 6 Wochen ab der 4. Lebenswoche
Impfintervall: alle 6 Monate
Beginn der Immunität: 5 Tage nach Grundimmunisierung
Welche Kaninchen sollten geimpft werden?
Alle gesunden Kaninchen, egal ob aus Innen- oder Außenhaltung. Es ist ein Irrglaube, dass Kaninchen in Innenhaltung von diesen Krankheiten verschont bleiben, da die Erreger durch Mücken oder Futterkontamination auch ins Haus gebracht werden können. Auf jeden Fall sollten Kaninchen in Krisengebieten geimpft werden.
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